Das Zimmer ist dunkel, ich kann nichts sehen. Ich höre nur das nervöse Atmen vieler Seelen um mich herum. Wir haben uns hier mit einem gemeinsamen, einzigen Ziel versammelt. Eine Kerze wird
angezündet. Mein Meister ist bereit. Das Zimmer füllt sich mit Energie Er ruft die Apus und die Kräfte, die Natur, die weisen Pflanzen. Die Meisterpflanzen kommen herein, eine nach der anderen,
noch hat niemand etwas getrunken und die Spannung steigt! In meiner Brust wächst etwas Starkes...heimlich bahnt es sich den Weg in unser Herz, etwas öffnet sich.
Mit klarer Stimme sagt mein Meister: „Lasst euer Herz offen. Fühlt, und denkt nicht! Fühlt und lasst euch führen. Sonqo tusuy? Denke ich? Nicht denken? Wie denn das?
Der Becher ist bereit, ich bin der Erste und stehe auf, so lange habe ich auf diesen Tag gewartet! Tausend Träume haben meinen Geist überschwemmt, tausend Gedanken Tag für Tag. Geh weiter. Ich
spüre meine Beine nicht mehr, schwebe nur noch. Gehen?? Ich gehe zu meinem Treffen mit meiner Mutter, die uns alle hervorgebracht hat, der Natur und genau das sind die Dinge, die jemand der mehr
entwickelt ist, beiseite lässt. Mutter Natur beiseite lassen??!! Mein Meister ist bestürzt: WIE BITTE?? Ich erinnere mich an jene Tage des Beginns. Sie klingen noch nach. Seine Augen waren voller
Kraft gemischt mit Tränen: “Ah, Wiracocha!“
Zu glauben, ich wüsste mehr als andere, mich als den Besten von allen zu fühlen, haben und haben, kaufen und kaufen.
„Alles loslassen!“ So lautete das erste Gebot meines Meisters, aber nicht alles zur gleichen Zeit loslassen, sondern bereit sein, alles zu verlieren, zu sich selbst zu kommen, frei sein!“ So
sprach er und ich fühlte es.
Das Fasten war nicht einfach, aber ich setzte es achtsam fort. Achtsam erhielt ich das Rezept und war erfolgreich kein Salz, kein Fleisch, kein Sex, kein Alkohol und am wichtigsten meine tägliche
Verbindung mit den Tieren und Pflanzen. Meine Beine sind nicht stark, ich zweifele. Wird es eine lange Reise sein, die mich erwartet? Der Schweiß rinnt und ich setze meine Gedanken fort. Zur
gleichen Zeit jedoch überflutet mich eine Stimme, die sagt: „Mein Sohn, ich werde dich in Liebe und Achtsamkeit lehren, komm zu mir!“
Der Becher ist bereits in meiner Hand, eine braune Flüssigkeit, die nach Alkohol riecht. Mein Meister schaut mich an. Zwei Tiere nähern sich, ein Jaguar und eine Anaconda: Apu Uturunqu Wamani und
Yacumama! Sie sind bereit, mich anzugreifen. „Hab keine Angst“, sagt mein Meister. „Hab keine Angst, sie werden deine Kraft auf die Probe stellen, und wenn du dich würdig erweist, werden sie dich
annehmen. So werden sie zu deinen Krafttieren. Jetzt trink, mit Demut, in Liebe und Achtsamkeit, voller Glauben und Vertrauen.“
Ich nahm den Becher und sagte ein Gebet. Ich gab Mutter Natur hin, voller Achtsamkeit. Dann führte ich den Becher an meinen Mund und widmete Mutter Natur meine Reise, widmete sie der ersehnten
Begegnung mit meinen Wurzeln, meinem Ursprung, meinem Anfang und Ende. Der Becher neigte sich, meine Welt neigte sich.
Die Flüssigkeit lief intensiv und schnell durch meinen Körper. Eine geflügelte goldene Schlange betrat meine Seele. Sie suchte etwas, ich wusste jedoch nicht was. Quetzacoatl? Den Amaru? Diesen
Gott, halb Schlange, halb Vogel, von dem meine Ahnen sprachen???
Ayahuasca... Ayahuascaaaaaaaaaaaaaaaa!!!!!!! Flüsterte jemand, flüsterte etwas. Die Reise hatte begonnen. Ich fühlte, wie mein Körper zitterte, fühlte den Kampf von tausenden von Jahren, von
Millionen Jahren, die in meine Venen, meine Zellen, meine Seele eindrangen. Der innere Kampf zwischen Logik und dem Übernatürlichen, dem Spirituellen, dem Schamanischen. Ich sah all das, was ich
als Regeln gelernt hatte. Blitzschnell rauschten tausend Bilder in meinem Geist vorbei. Kindergarten, die Schulklassen, meine Eltern, die Regeln der Gesellschaft. Farben mischten sich mit der
Logik. MAMALIANA, ächzte jemand und flüsterte. Mamaliana, sie war dabei, meine Logik zu zerstören, war dabei, mich von meinen vorgefassten Meinungen zu erlösen, von dem, was man erwartet, wenn
man 2 und 2 zusammenzählt…diesen Bereich gab es nicht mehr. Ich betrat ein schwarzes Loch, Geschwindigkeit, Zeit, Raum nichts gab es mehr!
“Ich werde deinen Körper reinigen, mein Sohn. Lass deine Seele und deinen Körper von dem Gefühl überfluten. Lass mich dir zeigen, wie du mit dem Herzen fühlst und spricht und dich mit mir
verbindest.” Tausend Schlangen tummelten sich in meinem Geist. Gleichzeitig fühlte ich in meinem Bewusstsein, in dem Raum, in dem ich bereits ermattet war, die Gegenwart verschiedener Wesen. Die
Natur wurde zur Frau, sie kam zu mir und legte ihre Hand auf mein Herz. Liebe überfloss mich. Es gab nichts anderes mehr. LIEBE!
Und wieder erschien ein anderes Wesen. Dieser war ein Meister von die Moche-Kultur . Er setzte sich und schaute mich an. Und wieder kam ich zu dem Tunnel.
Plötzlich verspürte ich das Bedürfnis, die Logik, das Weltliche auszuspucken. Ich erhob mich und ging hinaus! Die Flüssigkeit schoss aus meinem Mund, so als hätte ein Wirbelwind meinen Bauch
erfasst, Mutter Ayahuasca war dabei, mich zu reinigen, mich von den Parametern der Logik und der Vernunft zu reinigen. ”IN UNSERER WELT GIBT ES KEINE LOGIK UND KEINE VERNUNFT. Fühl es, fühl
es!”
Plötzlich sah ich Szenenbilder. Es waren Ayahuasca Motive und Symbole (ayahuaska Ikonografie). ”Schau hin!”, sagte sie. “Schau hin und lerne.” “Was ist das?” fragte ich und fragte und fragte.
“Geduld, frag nicht, setz dich nicht unter Druck. Fühle!”
Ich erinnerte mich, dass wir auf der Reise viele Symbole und Motive erhalten hatten, viele Farben, viele Linien. Das ist die Botschaft von Ayahuasca, die es zu entziffern gilt. “Ich werde dir
meine Botschaft zeigen, mein Sohn! Aber zuerst, Vertrauen, Glauben, Lieben. WACHSE!
”Fühle!” flüsterten mir die Bäume laut in beide Ohren. Dieses Flüstern war im Wind, in der Natur, den Pflanzen, Tieren. Alle flüsterten mir etwas zu, wollten mir ihr Wissen schenken.
Jeder Ton eines Insektes war ein Licht, jedes Licht und Weg, jeder Weg eine Schlange.
Liebe, Liebe, was für eine wundervolle Energie, unbesiegbare Energie. Frieden und Liebe. Es gab nichts anderes. Sie umarmte mich wie eine Schlange. Eine Riesenanaconda erblickte mich und
umschlang mich.
Musik drang plötzlich in meine Ohren. DIE IQAROS! Mein Meister sang sie schon und mein Tunnel verwandelte sich in Licht. Unglaublich, die Musik erreichte einen Zustand, in dem ich einen Ton
vernahm, der viel höher lag als ein menschliches Ohr zu hören vermag. Es war ein Zustand, den nur ein Meisterschamane erreichen kann. Um 50 Seelen zu geleiten, die in diesem Zimmer matt
daniederlagen. In diesem Zimmer? Welchem Zimmer?? Das Zimmer wurde zur Farbe, die Farbe zum Gefühl, das Gefühl zum Universum. LIEBE. Ich betrat ein Universum nach dem anderen, reiste von einer
Gestalt zur nächsten, von einem Motiv zum anderen. Mamaliana wollte mir so viele Dinge zeigen.
Viele begannen zu weinen, andere verstanden nicht. In mir sagte etwas:” Mein Sohn, schon so lange wollte ich dir so viel zeigen. Jetzt ist der Moment gekommen. Hab keine Angst, lass dich von mir
führen!”
Und wieder erschienen die Tiere. Diesmal sprachen sie! Sie schauten mich an. Ihre Körper waren aus Licht. Aus dem Nichts tauchte ein Baum auf und umschlang eine Anaconda. Sie zeigten mir das
Geheimnis Wiphala. Das Geheimnis der Heilung ohne Berührung, ohne Operation. Das Geheimnis, ohne Ton zu reden, zu denken und zu vermitteln, ohne einen einzigen Muskel zu bewegen. So etwas gab es
nicht in meiner logischen Welt. Dies war etwas anderes.
Das Geheimnis, Musik während der Meditation lernen zu können, um damit zu heilen. Musik, Energie, Schwingung, um mich zu verbinden. Meditation. Nicht die von einer Stunde ohne Unterbrechung. Eine
intensive Minute in Liebe, Glauben und Vertrauen war wertvoller als eine ganze Stunde, als 3 Stunden, als ein ganzer Tag, unglaublich!! Das hatte ich nicht gelernt. Und jetzt besaß ich nichts
mehr. Mamaliana hat mich von meinen Vorurteilen gereinigt, von meinen Regeln, meinen vorgefassten Meinungen über Liebe und Macht. Über Haben und nicht Haben, nichts besaß Wert, es gab keinen
Groll. Alles war Frieden und reine Munay.
“Mein Sohn, schau und fühle. Wenn du mit Angst kommst, kann ich dir nichts zeigen wenn du mit der Erwartung kommst, dass ich dir etwas sage, wenn du es befiehlst, werde ich dir nichts zeigen.
Achtsamkeit, Demut!!”
Die Reise war unendlich. Ich verlor das Gefühl für Zeit. Mamaliana tränkte mich in Liebe. Eine so große und starke Liebe, dass selbst der Kräftigste weinen wird, wenn er soviel Zärtlichkeit
spürt.
Von jetzt auf gleich öffnete ich meine Augen und wie meine Schamanenmeister war ich in der Lage, in den Anderen das zu erkennen, war ihnen wehtat. Es zeigte sich als schwarze Schatten, die sich
um die Füße legten, um den Kopf oder auf die Brust. Andere wandten sich ab wegen der Wirkung von Dämonen oder Supays. Wieder andere strahlten Licht aus und dieses Licht wurde zur Schlange.
Ich schloss meine Augen wieder. Der Iqaro, der Gesang, brachte mich zu einem anderen Tunnel und die Musik wurde Licht und Kraft. Licht und Liebe. Die Zeit verging.
Da ich dachte, dass alles vorbei sei, stand ich auf, um nach meinem Gefährten zu sehen. “Ist es schon zu Ende?” Fragte ich.
Und es verlangt Demut und Geduld. Mamaliana ist die einzige Herrin der Zeit, des Lichts und des Wissens.
Plötzlich fühlte ich wie Mamaliana mit den restlichen, tiefen Vorurteilen von mir kämpfte, mit den restlichen Regeln, die noch in mir waren.
Und wieder spürte ich wie ein neuer Tunnel auf mich zukam und gleichzeitig. Jedoch verspürte ich erneut das Bedürfnis, das Weltliche auszuspucken. Ich ging hinaus und ließ alles hinter mir, was
man logisches Wissen nennen könnte. Jetzt zeigte mir Mamaliana den Weg des Schamanen in Frieden, in Demut, sie lehrte mich, das Bewusste loszulassen und darüber hinaus zu wachsen, die Hand
auszustrecken, ohne etwas zu erwarten.
Mamaliana lehrte mich, alles loszulassen und gleichzeitig nichts zu erwarten. Nur so würde ich das erhalten, was niemand sonst erhält. Nur so würde ich Energie, Licht, Glauben, Liebe und Kraft
bekommen, um meinen schamanischen Weg weiterzugehen.
Seitdem begleitet sie mich wie eine Mutter. Mamaliana sucht mich und erinnert mich, dass ich zu ihr zurückkehren muss, um in Demut ihre Liebe zu fühlen, um vertrauensvoll ihre Lehre annehmen zu
können, damit sie mich ohne Furcht in das Unendliche führe.
Wiracocha Kamayoc